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"Verkehrte Welt" war in der heimischen Presse ein Kommentar über die Haltung der heimischen Politik zum geplanten Hochregal-Lager der Firma Bauerngut überschrieben. Besser kann man es nicht formulieren. In der Tat ist die Causa Bauerngut eine Situation, wie sie sich ein Franz Kafka grotesker und bizarrer nicht ausdenken könnte.
 
Da wird seit Jahren ein erfahrener und ungemein professionell arbeitender Veranstalter von Mittelaltermärkten und Musikfestivals bei der Organisation eines gerade einmal an vier Tagen im Jahr im Landschaftsschutzgebiet Bückeburg-West / Sandfurth stattfindenden Groß-Festivals seitens der Genehmigungsbehörden mit allen wirklich nur denkbaren und undenkbaren, teilweise restlos absurden Auflagen, Anordnungen, Verboten, Vorschriften, Einschränkungen und Verordnungen drangsaliert, gegängelt, gefesselt, eingeschränkt und schikaniert.
 
Das führte sogar so weit, dass der Aufbau des im vergangenen Jahres stattgefundenen "MPS Skulpturenparks" erst nach der Brut- und Setzzeit beginnen durfte, dass auf Teilen des Veranstaltungsareals keine Zelte errichtet, keine Tonanlagen installiert, keine Fackeln, keine Kerzen und keine Feuerkörbe entzündet und keine Halogenscheinwerfer eingesetzt werden durften und zudem einige Veranstaltungsbereiche früher schließen und ihren Betrieb einstellen mussten, damit auch ja nicht die ach so sensiblen und empfindsamen Geschöpfe im benachbarten Naturschutzgebiet "Hofwiesenteiche" gestört wurden. Ganz zu schweigen von den so unfassbar geräuschempfindsamen menschlichen Anwohnern.
 
Ein Veranstalter übrigens, der das Veranstaltungsgelände am und südlich des Mausoleums alljährlich sauberer und aufgeräumter zurücklässt als jedes Dorfschützenfest, bei dem es trotz einer jährlich fünfstelligen Besucherzahl noch nie zu nennenswerten Ausschreitungen kam, der jedes Jahr allein mit seiner Veranstaltung an zwei Wochenenden für neue Besucher- und Übernachtungsrekorde in Bückeburg sorgt und dem es zu verdanken ist, dass Bückeburg seit Jahrzehnten in ganz Europa den Ruf eines Mekka der Mittelalterszene genießt.
 
Wenn aber in genau dem gleichen Landschaftsschutzgebiet Bückeburg-West / Sandfurth ein heimischer Industriebetrieb ein Logistikzentrum von geradezu grotesker Gigantomanie errichten will, das mit 27 Metern Höhe nahezu drei mal so hoch würde wie der Sprungturm des Bückeburger Bergbads und mit 150 Metern Breite das einmalige Landschaftsbild mit dem Blick Richtung Süden auf das Wesergebirgs-Panorama restlos und für immer zerstören würde, und das allein mit der Bauphase unweigerlich für eine unfassbare Lärm- und Schmutzemission sorgen würde, dann haben große Teile der heimischen Politik nichts Besseres zu tun, als vor diesem Vorhaben brav und artig den Kotau zu machen.
 
Ein Industriebetrieb übrigens, der mit der Verarbeitung von Fleisch- und Wurstwaren eine der ungesündesten Ernährungsarten unterstützt, der als Bestandteil der Fleischverarbeitungskette den weltweiten Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid durch Nutztierhaltung fördert, der einen der dramatischsten Corona-Ausbrüche der letzten Monate in Bückeburg zu verzeichnen hatte und der jetzt noch nicht einmal davor zurückschreckt, die eigenen Mitarbeiter für seine Ziele als Geiseln zu instrumentalisieren und die heimische Politik mit der Androhung einer massenhaften Verlagerung von Arbeitsplätzen zu erpressen.
 
Es ist erschütternd mitanzusehen, mit welcher Entschlossenheit die SPD Bückeburg für das Bauvorhaben votiert. Ausgerechnet die Partei, die vor Jahren so ungemein weise war, die Vernichtung des gesamten Bückeburger Schlossareals durch den Bau der "Schlosspark-Tangente" zu verhindern, die 1998 die kostbaren Bückeburger Hofwiesen vor der Bebauung mit Hochhäusern rettete und die auch aktuell in der Frage einer ICE-Neubaustrecke durch Schaumburg eine so glasklar richtige und vernünftige Position vertritt, macht sich hier zum Fürsprecher dieses Vernichtungswerks.
 
Bizarrer Treppenwitz: Als ganz besonders lautstarker Befürworter des Bauerngut-Neubaus tut sich ausgerechnet der langjährge Ratsherr und Ortsvorsteher eines im Norden Bückeburgs gelegenen Ortsteils hervor, der im vergangenen Sommer mit geradezu aberwitzigen Diffamierungen und Unterstellungen versuchte, den MPS Skulpturenpark zu verhindern.
 
Man möge sich vorstellen, was so kluge, scharfsichtige und klarsehende Politiker wie der ehemalige Fraktionschef Reinhard Fricke oder die Ratsmitglieder Gerhard Uthe und Wolfhard Müller empfinden würden, wären sie noch am Leben und müssten das miterleben.
 
Der im Dezember 2020 verstorbene Gerhard Uthe war übrigens zeitlebens der völlig richtigen Überzeugung, das gesamte Bauerngut-Fleischwerk wäre östlich von Bückeburg im Gewerbegebiet Kreuzbreite viel besser aufgehoben als am westlichen Ortsrand. Es zeigt, wie weitsichtig, geradezu prophetisch dieser hochverdiente Ratsherr und erfolgreiche Unternehmer zu denken im Stande war: Denn dort könnte man jetzt nicht nur den Betrieb problemlos in östlicher Richtung entlang der Bundesstraße 65 erweitern, ohne damit ein Landschaftspanorama zu zerstören. Man hätte damit zugleich auch die einmalige Möglichkeit, die in genau in diesem Bereich geplante Idaturm-Trasse der Bahn zu verhindern.
 
FotoPietschHarrl